Dienstag, 29. Juni 2010
Aller Anfang ist bescheiden...
Aller Anfang ist bescheiden und Großes wächst im Stillen! - So jedenfalls bewertet OSKAR die Situation, in die er sich sehenden Auges und im Übrigen absolut freiwillig hineinmanövrierte. Natürlich war der Wunsch bei ihm nach einem Mehr bereits vorhanden, als er sich aufmachte, sein Glück zu suchen. Nun ist er aber ein - wenn auch nicht immer und für alle sichtbar - demütiger Mensch, der sich auch an kleinen Dingen erfreuen kann. Weil es mit der Liebe nun schon seit längerer Zeit nicht so recht klappt, entsann er sich der alten Weisheit "Pech in der Liebe, Glück im Spiel". Da, wer nicht wagt, auch nicht gewinnen kann, betrat er tollkühn eine örtliche Lottoannahmestelle und setzte die ungehörige Summe von EUR 2,30 auf Sieg. - Heute das Resultat, als er in der gleichen Annahmestelle seinen Lottocoupon checken ließ: EUR 2,50 Gewinn! Unterm Strich sind das 20 Eurocent Gewinn. Steuerfrei! Er hätte sich seitens der Lottoannahmestelleservicekraft etwas mehr Begeisterung, vielleicht auch einen kleinen Glückwunschblumenstrauß gewünscht, aber das blieb leider aus. - Abgesehen von aller Freude: Wenn er das jetzt Woche um Woche wiederholt, würde er in 20 Jahren... Aber gut. Soweit sind wir noch nicht. Der nächste Schein ist ausgefüllt. Und insgeheim hofft OSKAR eben doch darauf, dass sich das Sprichwort ins Gegenteil verkehren möge und das Pech im Spiel zur großen Liebe führt. Wobei, vielleicht ließe sich auch beides kombinieren...?*

* Ja, OSKAR kennt die Geschichte vom Fischer und seiner Frau, die schlussendlich wieder im Pisspott hausten!

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Samstag, 26. Juni 2010
Hochzeiten sind Leidenszeiten: De-Emanzipation
OSKAR befindet sich nun in einem Alter, da sich seine Freunde in einem Alter befinden, in dem die Herren der Schöpfung den weiblichen Erwartungen gerecht werdend erst in und danach auf die Knie gehen, die Damen - Emazipiertheit hin oder her - weich werden und ihn da haben, wo sie ihn haben wollen: im Sack. Um den alsbald zuzubinden, geht dann alles ganz schnell: Hochzeitstermin organisieren, Gästeliste aushandeln, etwas "irgendwie total Besonderes" als Ort des Geschehens ausgucken, die Hochzeitsreise - auch wieder "'was irgendwie total Schönes und nichts, was alle machen" - buchen. Auf dem Weg dahin gibt's viele Hürden. OSKAR weiß das aus eigener Erfahrung; zum Teil erübrigt sich beim Reißen einer dieser Hürden die ganze weitere Planung und ohne über Los zu gehen, fängt wenigstens einer von beiden wieder bei Null an. Aber das ist eine andere Geschichte.

Nun sind es also OKSARs Freunde bzw. die Freunde seiner Freundinnen, die dem stillen Drängen ihrer Liebsten nachkommen und endlich den so genannten Bund des Lebens anbieten. Vielfach ahnen sie dabei nicht, dass sie - Frauen sind einfach furchtbar viel geschickter als Männer - in diesem Tun überhaupt einem weiblichen Drängen nachkommen. Mithin glauben die Typen ernsthaft, es sei ihrem eigenen tiefen Empfinden entsprungen und sie überraschten ihre Freundinnen mit dem Antrag. Nun gut, OSKAR ist zu erfahren in diesen Dingen, zu vertraut mit der Menschlichkeit (= Schlechtigkeit) weiblicher Wesen, als dass diese Tatsache ihn weiter betrüben könnte. Letztlich werden bei den Frauen eben die archaischen Urinstinkte wach, die Uhr beginnt zu ticken und mit jedem minimalen Vorrücken der biologischen Zeiger wird das Verlangen nach Sicherheit, Beschützer und Ernäher, idealem Genmix für die Brut bedeutsamer und tritt die Zielsetzung eigener, selbstverwirklichender Emanzipiertheit zurück, erkennend, dass weder sie selbst und ihre Männer schon gleich gar nicht immerzu gleich sein wollen.

Beim Schreiben dieser Zeilen fällt OSKAR eine hierzu passende Textstelle des Romans Der Mann schläft ein*:

Von meiner früheren, naiven, unhinterfragten Solidarität mit Frauen war nicht mehr viel übrig. Gerade die Damen, die viel von ihrer Emanzipiertheit sprechen, sind von wirklicher Freiheit so weit entfernt wie der Regen draußen davon, sich in Sonnenschein aufzulösen. Wenn sie merken, dass es wirklich anstrengend ist, in eine Position zu gelangen, in der man die Welt minimal beeinflussen kann, entscheiden sie sich fast immer gegen die Verantwortung. Gegen die Machtkämpfe und Ungemütlichkeit, gegen die unglamouröse Forschung, die öde politische Arbeit, die unangenehme Aufgabe, Menschen zu entlassen, und werden schwanger oder machen etwas Kreatives, etwas mit Sprache, weil Frauen ja so gut reden können. Und dann sitzen sie in Cafés und quatschen über Rolfing und lesen Frauenzeitschriften, die von Frauen gemacht werden, die lieber dumme Sätze über anorektische Filmstars schreiben als echte Informationen oder Texte, die den Leser anstrengen, ihm eine Idee schenken. Dann kommen sie in die Wechseljahre und heißen Imke oder Claudia und fallen in hormonell bedingte Depressionen, ihr Leid schreiben sie aber den Männern zu, die sie am Fortkommen gehindert hätten. Und wenn sie die Wahl haben, dann nehmen sie immer einen erfolgreichen großen Partner, die Biologie, Sie wissen schon. Ohne nachzudenken, verraten sie all die Ideen, die ein paar wirklich freie Damen gehabt haben, die sich aufgemacht haben, um dafür zu kämpfen, damit sich nun ein neues Heer von faulen Weibern auf ihren halbverstandenen Ideologien ausruhte, von denen sie nur Überschriften zitieren. Ihr kleiner Verstand träumt von wilder Leidenschaft mit einem Cromagnon und der Ehe mit einem Mann, der morgens das Haus verlässt, das sie dann mit blütenweißen Gardinen und guterzogenen Kindern schmücken. Vermutlich bekommen die meisten genau das, was sie sich kraft ihres Geistes verdient haben. Die Zeiten, in denen ich Menschen mochte, waren definitiv vorbei.

(aus: Sibylle Berg, Der Mann schläft, S. 173-175)

[* Eine Anfrage beim Verlag, ob diese Textstelle hier wiedergegeben werden darf, blieb trotz wiederholter Nachfrage letztlich unbeantwortet, was die Vermutung nahelegt, dass es okay ist.]

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Freitag, 4. Juni 2010
Journalistische Nachlässigkeiten
OSKAR gibt es zu: neben intensivem Arbeiten verfällt er gelegentlich seinem Wissenshunger und treibt sich dann im Internet herum. FAZ.net; sueddeutsche.de oder spiegel.online.de gehören dann zu seinen Favoriten.

Momentan ist der Chef der Stadt am großen Fluss vorübergehend Chef vom ganzen Land. Ein sympathischer Typ, der Böhrnsen. Und so las OSKAR am 3. Juni gegen Abend dann auch interessiert den Artikel, wie sich der Interimspräsident im Schloss Bellevue so macht. Etwas erstaunt war der Städter vom großen Fluss, als er im letzten Absatz sinngemäß las, dass es die Frau des Chefs freuen würde, wenn dieser nach dem 30. Juni wieder sich nur aufs Rathaus beschränken würde, bliebe ihm dann doch mehr Zeit auch für sie. - Nun hatte OSKAR nicht mitbekommen, dass der Chef der Stadt am großen Fluss wieder geheiratet hätte. Sein letzter Stand der Dinge war, dass die Frau des Rathauschefs vor relativ kurzer Zeit erst verstarb. Aber gut, OSKAR ist kein Kenner der Szene des Boulevard. Zwei Klicks weiter allerdings bestätigte sich: der Mann ist Witwer! OSKAR, immer und stets der Wahrheit verpflichtet, schrieb einen Leserbrief, die Redaktion änderte den Artikel. Dennoch: Frau Schulz, bitte recherchieren Sie das nächste Mal etwas genauer! OSKAR kann nicht alle Spiegel-Artikel korrekturlesen - da würde sein Arbeitgeber einfach nicht mitmachen...

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