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Freitag, 6. August 2010
Friedliches Idyll - gut bewacht
oskar-kasimir, 00:24h
Wer kennt sie nicht: Kleingartenkolonien. Bevölkert einstmals von dem Himmel zustrebenden Bohnen, in Reih und Glied stehenden Karotten, Radieschen und Zwiebeln. A-k-k-u-r-a-t geharkte Kieswege, exakt gleich lange Rasenhalme, dezent deplatziert platzierte Kitschartikel. Und irgendwo ein Hüttchen, das dem eifrigen Gartenorganisator und Herren von Rüben, Bohnen, Kies und Kitsch Trutzburg, Schutz- und Werkraum, Wohnzimmer und Zufluchtsort vor dem Bösen in der Welt ist.
Auch in der Stadt am großen Fluss gibt es Gartenkolonien. Allerdings musste OSKAR bei einem sehr ausgedehnten Spaziergang zu beiden Ufern des Flusses feststellen, dass es sie zwar noch gibt, die Gärten, in denen mit Lineal und Zirkel gearbeitet wird. In großer Überzahl waren indes solche Gärten, die nicht von einem übermächtigen Big-Brother-Vereinsreglement überwacht bestellt werden müssen. Da waren gemütliche, verwilderte, edle, spielplatzgleiche oder irgendwie-so'n-Garten-halt Gärten zu finden. Ihre Anordnung, Abgrenzung voneinander, die Namen der Zufahrtswege und manche Hütte indes ließen auch hier noch die Vergangenheit erahnen. OSKAR und seine Besucherin befanden sich auf einer Safari in den Weiten des Cäcilienweges, als sie eines besonders interessanten Gartens ansichtig wurden. Sie verweilten, schauten und waren doch auch beeindruckt - von so viel Spießerkitsch.
Plötzlich donnert's durchs Gehölz von der anderen Seite des Weges im Garten in ihrem Rücken: "Verpiss Dich!" Zwischen Tanne, Apfelbaum und inmitten gammelig dreinschauender Brennnesseln stand Einer, der wie der böse Waldgeist persönlich, allerdings mit Muskelshirt und irrem Blick, aussah. - OSKAR als auch seine Begleitung waren irritiert. Eine derart garstige Ansprache inmitten dieses kleingärtnerischen Idylls? Aber ja, sie hatten sich nicht verhört. OSKAR suchte zu beschwichtigen. Hoffend, das Rumpelstilzchen damit zu beruhigen und zu verdeutlichen, dass sie beide nix Böses in diesen Hain friedfertigen Kleingärtnerns tragen würden. Dieses aber erwiderte nicht minder garstig als zuvor: "Pass auf, sonst hast'e 'nen Loch im Kopf!"
Eingedenk diverser Zeitungsberichte, dass es just Kleingärtner sind, die ihre Meinungsverschiedenheiten zuweilen auf eine Art austragen, bei denen die Experten für psychologische Kriegsführung im Pentagon noch manches lernen könnten und wissend, dass der Schuppen eines Kleingeistigengärtnernden all' das beherbergt, was er zu Hause nicht bunkern darf - hektoliterfässerweise Terpentin, Schusswaffen, mit denen Oppa in Stalingrad kämpfte, Spitzhacken und Salzsäurevorräte, womöglich Kampfmaden und Schreckenspflanzen - zog es OSKAR samt Begleitung weiter. Während sie also fassungslos und sich sammelnd den Ort verließen, hörten sie beide den stumpfen Aufschlag eines Gegenstandes hinter ihnen. Es war nicht mehr zu erkennen, was dieses Geräusch verursachte: ob eine kleingärtnerische Bombe oder einfach nur ein vorwitziger Apfel, der aus dem Nichts fiel. Sie einigten sich auf die Bombe, weil es so schön passte.
OSKAR muss also feststellen, dass in der Stadt am großen Fluss und allzumal in den Kolonien entlang des Flusses einer auf den anderen aufpasst und Eindringlinge direkt ins Visier genommen werden. Er wird dann nicht das höflich-distanzierte des Hanseaten kennenlernen, sondern seine ihm - offensichtlich - ebenfalls eigene Weise, sich zur Wehr zu setzen. Er fragt sich indes, ob man als Kleingärtner möglicherweise eine von der jeweiligen Kolonie finanzierte Nahkampfausbildung zur erfolgreichen Verteidigung des eigenen wie auch des Nächsten Territoriums, Apfelbaum und Gartenzwergs erhält!
Auch in der Stadt am großen Fluss gibt es Gartenkolonien. Allerdings musste OSKAR bei einem sehr ausgedehnten Spaziergang zu beiden Ufern des Flusses feststellen, dass es sie zwar noch gibt, die Gärten, in denen mit Lineal und Zirkel gearbeitet wird. In großer Überzahl waren indes solche Gärten, die nicht von einem übermächtigen Big-Brother-Vereinsreglement überwacht bestellt werden müssen. Da waren gemütliche, verwilderte, edle, spielplatzgleiche oder irgendwie-so'n-Garten-halt Gärten zu finden. Ihre Anordnung, Abgrenzung voneinander, die Namen der Zufahrtswege und manche Hütte indes ließen auch hier noch die Vergangenheit erahnen. OSKAR und seine Besucherin befanden sich auf einer Safari in den Weiten des Cäcilienweges, als sie eines besonders interessanten Gartens ansichtig wurden. Sie verweilten, schauten und waren doch auch beeindruckt - von so viel Spießerkitsch.
Plötzlich donnert's durchs Gehölz von der anderen Seite des Weges im Garten in ihrem Rücken: "Verpiss Dich!" Zwischen Tanne, Apfelbaum und inmitten gammelig dreinschauender Brennnesseln stand Einer, der wie der böse Waldgeist persönlich, allerdings mit Muskelshirt und irrem Blick, aussah. - OSKAR als auch seine Begleitung waren irritiert. Eine derart garstige Ansprache inmitten dieses kleingärtnerischen Idylls? Aber ja, sie hatten sich nicht verhört. OSKAR suchte zu beschwichtigen. Hoffend, das Rumpelstilzchen damit zu beruhigen und zu verdeutlichen, dass sie beide nix Böses in diesen Hain friedfertigen Kleingärtnerns tragen würden. Dieses aber erwiderte nicht minder garstig als zuvor: "Pass auf, sonst hast'e 'nen Loch im Kopf!"
Eingedenk diverser Zeitungsberichte, dass es just Kleingärtner sind, die ihre Meinungsverschiedenheiten zuweilen auf eine Art austragen, bei denen die Experten für psychologische Kriegsführung im Pentagon noch manches lernen könnten und wissend, dass der Schuppen eines Klein
OSKAR muss also feststellen, dass in der Stadt am großen Fluss und allzumal in den Kolonien entlang des Flusses einer auf den anderen aufpasst und Eindringlinge direkt ins Visier genommen werden. Er wird dann nicht das höflich-distanzierte des Hanseaten kennenlernen, sondern seine ihm - offensichtlich - ebenfalls eigene Weise, sich zur Wehr zu setzen. Er fragt sich indes, ob man als Kleingärtner möglicherweise eine von der jeweiligen Kolonie finanzierte Nahkampfausbildung zur erfolgreichen Verteidigung des eigenen wie auch des Nächsten Territoriums, Apfelbaum und Gartenzwergs erhält!
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Montag, 19. Juli 2010
Beat the Reaper
oskar-kasimir, 14:51h
OSKAR las vor einiger Zeit eine Rezension in seinen Mikrokosmos bildenden Süddeutschen Zeitung. Das Buch war eine Übersetzung aus dem Englischen und hörte sich sehr gut an. Nun will er nicht immer nur im täglichen Einerlei verharren und so marschierte OSKAR frohen Mutes in die Buchhandlung seines Vertrauens und bestellte sich das Buch - im Original: Beat the Reaper von Josh Bazell.
Ein irres Buch. Abgefahren. Vor allem aber ein Englisch, das OSKAR in der Schule so nie gelernt hat, das aber durch eine Fülle von lebensnahen Ausdrücken und Wendungen besticht, das es ihm froh ums Herz wurde... Allerdings nicht immer im Zeichen von guten Sitten formuliert. Wie überhaupt die Geschichte und ihre Erzählweise sich an gängige Vorstellungen von Moral, Anstand und gute Sitten hält. Worum geht es also?
Im Wesentlichen wird die Geschichte eines Mafiakillers a.D. erzählt. Nach unzähligen Morden mehr oder weniger im Auftrag des Familienoberhauptes, das ihn in seine Obhut genommen hatte, gerät er in Konflikt mit seinem engen Freund und Gefährten – Sohn eben jenes Oberhauptes. Im Zuge einer misslungenen Aktion wird er verhaftet. Schließlich sagt er aus und wird in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen. So kommt es, dass ein Mafiakiller die Seiten wechselt und im Krankenhaus als Artz tätig ist. Der Ich-Erzähler schreibt abwechselnd von seinem zuweilen bizarr anmutenden Krankenhausalltag und retrospektiv über seine Vergangenheit, die ihn ins Krankenhaus geführt hat. Beide Stränge überkreuzen sich, als der Arzt auf Visite urplötzlich einen Bekannten aus seiner Vergangenheit als Patienten vor sich entdeckt. Ab diesem Augenblick werden temporeich, witzig, aber zugleich auch abgebrüht brutal zwei Handlungsstränge verfolgt, bei denen derart viel geschieht, dass dem Leser der Schädel zu brummen beginnt.
Ein Buch, das viele Facetten in sich vereint und schwer zu fassen ist. Komisch, aberwitzig, nachdenklich, zynisch, gesellschaftskritisch – und dabei sehr unterhaltsam. Wer es aber in Gänze genießen möchte, der sollte sich ernsthaft überlegen, es vielleicht doch auf Deutsch zu lesen: viele Passagen leben vom Wortwitz und ausgeprägtem Slang, der nicht ohne weiteres verständlich ist.
Ein irres Buch. Abgefahren. Vor allem aber ein Englisch, das OSKAR in der Schule so nie gelernt hat, das aber durch eine Fülle von lebensnahen Ausdrücken und Wendungen besticht, das es ihm froh ums Herz wurde... Allerdings nicht immer im Zeichen von guten Sitten formuliert. Wie überhaupt die Geschichte und ihre Erzählweise sich an gängige Vorstellungen von Moral, Anstand und gute Sitten hält. Worum geht es also?
Im Wesentlichen wird die Geschichte eines Mafiakillers a.D. erzählt. Nach unzähligen Morden mehr oder weniger im Auftrag des Familienoberhauptes, das ihn in seine Obhut genommen hatte, gerät er in Konflikt mit seinem engen Freund und Gefährten – Sohn eben jenes Oberhauptes. Im Zuge einer misslungenen Aktion wird er verhaftet. Schließlich sagt er aus und wird in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen. So kommt es, dass ein Mafiakiller die Seiten wechselt und im Krankenhaus als Artz tätig ist. Der Ich-Erzähler schreibt abwechselnd von seinem zuweilen bizarr anmutenden Krankenhausalltag und retrospektiv über seine Vergangenheit, die ihn ins Krankenhaus geführt hat. Beide Stränge überkreuzen sich, als der Arzt auf Visite urplötzlich einen Bekannten aus seiner Vergangenheit als Patienten vor sich entdeckt. Ab diesem Augenblick werden temporeich, witzig, aber zugleich auch abgebrüht brutal zwei Handlungsstränge verfolgt, bei denen derart viel geschieht, dass dem Leser der Schädel zu brummen beginnt.
Ein Buch, das viele Facetten in sich vereint und schwer zu fassen ist. Komisch, aberwitzig, nachdenklich, zynisch, gesellschaftskritisch – und dabei sehr unterhaltsam. Wer es aber in Gänze genießen möchte, der sollte sich ernsthaft überlegen, es vielleicht doch auf Deutsch zu lesen: viele Passagen leben vom Wortwitz und ausgeprägtem Slang, der nicht ohne weiteres verständlich ist.
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Freitag, 9. Juli 2010
Was andere zu sagen haben - Heine und Ringelnatz
oskar-kasimir, 14:01h
OSKAR ist ein Leser. Er liest hier und da, auch mal längere Textstücke, auch mal Bücher oder Zeitungen. Kürzlich fiel ihm ein Buch der gesammelten Gedichte des großartigen Ringelnatz in die Hände. Und wie er so darin blätterte, fiel ihm auf, dass er sich in augenzwinkernder -eben ihm typischen - Weise auch einmal mit der Stadt am großen Fluss befasst hatte. Ringelnatz schreibt:
Bremen
Hier gelt ich nix und würde gern was gelten,
Denn diese Stadt ist echt, und echt ist selten.
Reich ist die Stadt. Und schön ist ihre Haut.
Sag einer mir:
Welch Geist hat hier
Die Sankt Ansgarikirche aufgebaut?
Groß schien mir alles, was ich hier entdeckte.
Ein Riesenhummer lag in einem Laden.
Wie der die Arme eisern von sich reckte,
Als wollte er durchs Glas in Frauenwaden,
In Bremer Brüste plötzlich fassen
Und - wie wir's von den Skorpionen lesen -
Restweg im Koitus sein Leben lassen, -
Wär er nicht längst schon rot und tot gewesen.
Als ich herauskam aus dem Keller, wo
Schon Heine saß, da sagte ich: "Oho!"
Denn auf mich sah Paul Wegener aus Stein,
Und er war groß und ich natürlich klein.
Brustwarzen hatte er an beiden Knien,
Vielleicht war's auch der Roland von Berlin.
Und als ich, wie um eine spanische Wand
Mich schlängelnd, eine seltsam leere
Doch wohlgepflegte Villengasse fand,
Und darin viel verlorene Ehre,
Stand dort ein Dacharbeiter.
Den fragt ich so ganz nebenbei:
Ob er wohl ein Senator sei?
Da ging er lächelnd weiter.
Denn diese Stadt ist echt, und echt ist selten.
Reich ist die Stadt. Und schön ist ihre Haut.
Sag einer mir:
Welch Geist hat hier
Die Sankt Ansgarikirche aufgebaut?
Groß schien mir alles, was ich hier entdeckte.
Ein Riesenhummer lag in einem Laden.
Wie der die Arme eisern von sich reckte,
Als wollte er durchs Glas in Frauenwaden,
In Bremer Brüste plötzlich fassen
Und - wie wir's von den Skorpionen lesen -
Restweg im Koitus sein Leben lassen, -
Wär er nicht längst schon rot und tot gewesen.
Als ich herauskam aus dem Keller, wo
Schon Heine saß, da sagte ich: "Oho!"
Denn auf mich sah Paul Wegener aus Stein,
Und er war groß und ich natürlich klein.
Brustwarzen hatte er an beiden Knien,
Vielleicht war's auch der Roland von Berlin.
Und als ich, wie um eine spanische Wand
Mich schlängelnd, eine seltsam leere
Doch wohlgepflegte Villengasse fand,
Und darin viel verlorene Ehre,
Stand dort ein Dacharbeiter.
Den fragt ich so ganz nebenbei:
Ob er wohl ein Senator sei?
Da ging er lächelnd weiter.
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