Freitag, 6. August 2010
Friedliches Idyll - gut bewacht
Wer kennt sie nicht: Kleingartenkolonien. Bevölkert einstmals von dem Himmel zustrebenden Bohnen, in Reih und Glied stehenden Karotten, Radieschen und Zwiebeln. A-k-k-u-r-a-t geharkte Kieswege, exakt gleich lange Rasenhalme, dezent deplatziert platzierte Kitschartikel. Und irgendwo ein Hüttchen, das dem eifrigen Gartenorganisator und Herren von Rüben, Bohnen, Kies und Kitsch Trutzburg, Schutz- und Werkraum, Wohnzimmer und Zufluchtsort vor dem Bösen in der Welt ist.

Auch in der Stadt am großen Fluss gibt es Gartenkolonien. Allerdings musste OSKAR bei einem sehr ausgedehnten Spaziergang zu beiden Ufern des Flusses feststellen, dass es sie zwar noch gibt, die Gärten, in denen mit Lineal und Zirkel gearbeitet wird. In großer Überzahl waren indes solche Gärten, die nicht von einem übermächtigen Big-Brother-Vereinsreglement überwacht bestellt werden müssen. Da waren gemütliche, verwilderte, edle, spielplatzgleiche oder irgendwie-so'n-Garten-halt Gärten zu finden. Ihre Anordnung, Abgrenzung voneinander, die Namen der Zufahrtswege und manche Hütte indes ließen auch hier noch die Vergangenheit erahnen. OSKAR und seine Besucherin befanden sich auf einer Safari in den Weiten des Cäcilienweges, als sie eines besonders interessanten Gartens ansichtig wurden. Sie verweilten, schauten und waren doch auch beeindruckt - von so viel Spießerkitsch.

Plötzlich donnert's durchs Gehölz von der anderen Seite des Weges im Garten in ihrem Rücken: "Verpiss Dich!" Zwischen Tanne, Apfelbaum und inmitten gammelig dreinschauender Brennnesseln stand Einer, der wie der böse Waldgeist persönlich, allerdings mit Muskelshirt und irrem Blick, aussah. - OSKAR als auch seine Begleitung waren irritiert. Eine derart garstige Ansprache inmitten dieses kleingärtnerischen Idylls? Aber ja, sie hatten sich nicht verhört. OSKAR suchte zu beschwichtigen. Hoffend, das Rumpelstilzchen damit zu beruhigen und zu verdeutlichen, dass sie beide nix Böses in diesen Hain friedfertigen Kleingärtnerns tragen würden. Dieses aber erwiderte nicht minder garstig als zuvor: "Pass auf, sonst hast'e 'nen Loch im Kopf!"

Eingedenk diverser Zeitungsberichte, dass es just Kleingärtner sind, die ihre Meinungsverschiedenheiten zuweilen auf eine Art austragen, bei denen die Experten für psychologische Kriegsführung im Pentagon noch manches lernen könnten und wissend, dass der Schuppen eines Kleingeistigengärtnernden all' das beherbergt, was er zu Hause nicht bunkern darf - hektoliterfässerweise Terpentin, Schusswaffen, mit denen Oppa in Stalingrad kämpfte, Spitzhacken und Salzsäurevorräte, womöglich Kampfmaden und Schreckenspflanzen - zog es OSKAR samt Begleitung weiter. Während sie also fassungslos und sich sammelnd den Ort verließen, hörten sie beide den stumpfen Aufschlag eines Gegenstandes hinter ihnen. Es war nicht mehr zu erkennen, was dieses Geräusch verursachte: ob eine kleingärtnerische Bombe oder einfach nur ein vorwitziger Apfel, der aus dem Nichts fiel. Sie einigten sich auf die Bombe, weil es so schön passte.

OSKAR muss also feststellen, dass in der Stadt am großen Fluss und allzumal in den Kolonien entlang des Flusses einer auf den anderen aufpasst und Eindringlinge direkt ins Visier genommen werden. Er wird dann nicht das höflich-distanzierte des Hanseaten kennenlernen, sondern seine ihm - offensichtlich - ebenfalls eigene Weise, sich zur Wehr zu setzen. Er fragt sich indes, ob man als Kleingärtner möglicherweise eine von der jeweiligen Kolonie finanzierte Nahkampfausbildung zur erfolgreichen Verteidigung des eigenen wie auch des Nächsten Territoriums, Apfelbaum und Gartenzwergs erhält!

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