Freitag, 5. März 2010
Es gibt Tage...
Es gibt diese Tage, an denen sich das qualvolle und überaus große Überwindung kostende Verlassen der Bettstatt durch nichts bezahlt macht; Spinnen, die einen beim Gang ins Badezimmer aus der Duschwanne begrüßen, mühevolle Tageslasten, nach altem Kaffee und noch älterem Schweiß stinkende Gesprächspartner, defekte Glühbirnen, im Supermarkt nur eine Kasse geöffnet und an der sitzt der Welt langsamste Kassiererin.
Und dann gibt es die anderen Tage. OSKAR hat sich fest vorgenommen, diesen in seinem Leben mehr Raum zu geben, sich an den andernorts immer wieder gern zitierten ‚kleinen Dingen des Lebens‘ wahrhaft zu erfreuen, die Tage entsprechend zu würdigen.

Nach einer ebenso erholsamen wie auch von überaus angenehmen Träumen begleiteten Nacht wurde OSKAR zwar in aller Herrgottsfrühe, aber nicht unsanft vom Wecker aus dem Schlaf gerissen, sondern mit Milde und Wärme in den Tag gezogen: er wunderte sich, warum es in seiner Butze derart hell war. Die Sonne! Von einem azurblauen Himmel strahlte sie mit einer Pracht, dass sie OSKAR vergessen machte, dass sie es während der zurückliegenden zehn Monate vorgezogen hatte, sich hinter einer schier undurchdringlichen wie auch auf scheinbar ewigen Bestand hin ausgelegten eisig-grauen Wolkenwand zu verschanzen. Im Badezimmer keine Rasierunfälle und keine Zahnputzspritzer am Spiegel, in der Küche ausreichend und noch frische Milch fürs Müsli. Mit ausreichend Zeit zur Tramhalte geschlendert durch zwar kühle, aber angenehm frische Luft und unter freundlicher Begleitung der Sonnenstrahlen. Die Bahn kam pünktlich, ein Sitzplatz frei. Ihm gegenüber eine junge Frau mit Krücken. Keine dieser Trusen, die mit ihren wasserstoffblonden Haarmähnen und ihren Schminktipps aus irgendwelchen völlig überteuerten, sämtlichst aus einem Verlag stammenden Meeedchenheften, alle gleich aussehen. Beim Setzen begegnete sie OSKARs Blick mit einem zaghaften Lächeln. Ihre Augen strahlten eine enorme Lebensfreude aus, ohne dass sie ein frühmorgendlicher Gute-Laune-Bär gewesen wäre. Wahrhaftig stellte OSKAR fest, dass sich ihre Schönheit nicht unmittelbar aufdrängte – sie entsprach keinem klassischen Schönheitsideal. Dennoch war sie von einer Schönheit und Ausstrahlung, dass er die Fahrt über leise lächelte und feststellte, dass sie beide sich immer wieder flüchtige Blicke aus den Augenwinkeln zuwarfen.
Als er die Bahn verließ, verabschiedete er sich mit einem Lächeln und wünschte ihr schnelle und gute Besserung; sie dankte es ihm mit einem Strahlen. Der Rest des Tages verlief zufriedenstellend, wenn auch ohne weitere Höhepunkte. Bei einem solchen Tagesanfang indes ruhte OSKAR derart in sich selbst, dass sogar das von ihm selbst aufgrund einer kurzen Unachtsamkeit verursachte und vor allem endgültige Löschen einiger wichtiger Datensätze in seinem Literaturverwaltungsprogramm ihn zwar einen Stich spüren ließ, dieser Lapsus ihn indes nicht um die positive Grundstimmung zu bringen vermochte. – Dass der Obstsalat am Abend enorm lecker war, rundete das Gesamtbild ab und lässt ihn nun beschwingt und mit einer gewissen Heiterkeit seine Kissen aufsuchen…

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Aha,
die Frühlingsgefühle brechen wieder hervor. Schön.

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