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Freitag, 18. Dezember 2009
Rosa Weihnachten
oskar-kasimir, 13:42h
In der Vorweihnachtszeit gibt es viel zu tun. Grüße backen, Kekse basteln, Deko kaufen und Geschenke schreiben. Und Gutes tun. In der Stadt am großen Fluss gibt es – die Medien stürzen sich leider nur dann darauf, wenn es zu dramatischen Szenen mit tödlichem Ausgang kommt – viele Menschen, die weit davon entfernt sind, ein sorgenfreies Leben zu führen. Geld ist zwar auch hier längst nicht alles, aber wer in Armut lebt, dem erscheint ein solcher Satz wie blanker Spott: Wie bitter muss es sein, dem eigenen Kindern Mal um Mal erklären zu müssen, dass für das Eis kein Geld da ist, dass es den Schulausflug nicht mitmachen kann, weil kein Geld da ist, dass es immer nur von anderen Kindern abgelegte Garderobe tragen kann, weil kein Geld da ist, dass es nicht mit der Familie in Urlaub fahren kann, weil kein Geld da ist. Wie gut ist es, dass es engagierte Menschen gibt, die diesen Familien zur Seite stehen, sie nicht in die gesellschaftliche Isolation drängen, sondern mit kleinen Gesten, persönlichem Tun und Mitmenschlichkeit der Armut ins Gesicht sehen. – Eine Gruppe dieser Menschen hat sich zusammengeschlossen und einen Verein gegründet. Er hat Weihnachtsbäume aufgestellt – überall in der Stadt am großen Fluss. Geschmückt sind sie mit Wünschen von Kindern aus Familien, die jeden Eurocent, den sie nicht haben, dennoch zweimal umdrehen müssen. Beim Lesen dieser Wünsche wären OSKAR hie und da fast die Tränen gekommen. Neben dem Supernintendohastdunichtgesehen nämlich lauteten sie „eigenes Kuscheltier“, „ein Nachmittag mit Mama und Papa auf der Schlittschuhbahn“ oder auch „Malbuch“.
Großartig fand OSKAR nun aber die Möglichkeit, sich einen Wunsch vom Baum pflücken zu können und als Weihnachtsmann genüsslich für – in seinem Fall – die kleine L. shoppen zu gehen. Nie hat er bei einem Weihnachtseinkauf mehr Sinn in seinem Tun gesehen.
Madame wünscht sich einen Puppenwagen. OSKAR ist kinderlos, und auch in seinem Umfeld wird in der Regel nicht mehr mit Puppen gespielt, die noch in von Kinderhand geschobenen Wägelchen zu verstauen wären. Die etwas behäbige Verkäuferin war äußerst gutmütig und wies Züge einer wohlwollenden Großmutter auf, die in der Spielzeugabteilung des großen Warenhauses eine Bestbesetzung war. Wäre sie nicht gewesen: OSKAR wäre glatt verzweifelt. Nicht nur des enormen Angebots wegen, sondern zudem auch noch alles ROSA. OSKAR findet diese, nun ja, Farbe eine mit Signalcharakter, die bei ihm normalerweise Fluchtreflexe auslöst. Indes, Frau K. konnte ihm glaubhaft versichern, dass die meisten Mädchen ROSA ganz ungemein großartig finden. Den inneren Widerstand überwindend, lud er sich also den Puppenwagen in kreischschreiendstem ROSA in die Tüte, verpackte ihn hübsch und hat ihn nun auf den Weg gebracht, die kleine L. damit beglücken zu lassen.
Allen Kampfemanzen, pädogischen Supernannies und sonstigen Heiopeis, die meinen, anderen exakt erzählen zu müssen, was warum nicht oder doch gut sei, das man Kindern schenken dürfe und die nun einzuwenden sich anschicken, so ein Puppenwagen, rosa allzumal, verfestige Rollenbilder, ja präge sie geradezu und verdamme die kleine L. damit zur frühkindlichen Ausprägung eines Selbstwertgefühls, das sich aus dem Mutterdasein speist, all denen sei gesagt: Jawoll, der Puppenwagen sieht aus wie ein echter, nur in klein und eben rosa. OSKAR hatte überlegt, eine Dose blauer Farbe beizulegen für den Fall, dass L. eine männliche Puppe gedenkt hineinzulegen und damit dem Pupperich eine Identitätsfindung als Mann zu erleichtern. Er hat es gelassen. Dies muss als OSKARs vorweihnachtlicher Beitrag zur Geschlechterziehung reichen. Wunsch ist Wunsch!
Großartig fand OSKAR nun aber die Möglichkeit, sich einen Wunsch vom Baum pflücken zu können und als Weihnachtsmann genüsslich für – in seinem Fall – die kleine L. shoppen zu gehen. Nie hat er bei einem Weihnachtseinkauf mehr Sinn in seinem Tun gesehen.
Madame wünscht sich einen Puppenwagen. OSKAR ist kinderlos, und auch in seinem Umfeld wird in der Regel nicht mehr mit Puppen gespielt, die noch in von Kinderhand geschobenen Wägelchen zu verstauen wären. Die etwas behäbige Verkäuferin war äußerst gutmütig und wies Züge einer wohlwollenden Großmutter auf, die in der Spielzeugabteilung des großen Warenhauses eine Bestbesetzung war. Wäre sie nicht gewesen: OSKAR wäre glatt verzweifelt. Nicht nur des enormen Angebots wegen, sondern zudem auch noch alles ROSA. OSKAR findet diese, nun ja, Farbe eine mit Signalcharakter, die bei ihm normalerweise Fluchtreflexe auslöst. Indes, Frau K. konnte ihm glaubhaft versichern, dass die meisten Mädchen ROSA ganz ungemein großartig finden. Den inneren Widerstand überwindend, lud er sich also den Puppenwagen in kreischschreiendstem ROSA in die Tüte, verpackte ihn hübsch und hat ihn nun auf den Weg gebracht, die kleine L. damit beglücken zu lassen.
Allen Kampfemanzen, pädogischen Supernannies und sonstigen Heiopeis, die meinen, anderen exakt erzählen zu müssen, was warum nicht oder doch gut sei, das man Kindern schenken dürfe und die nun einzuwenden sich anschicken, so ein Puppenwagen, rosa allzumal, verfestige Rollenbilder, ja präge sie geradezu und verdamme die kleine L. damit zur frühkindlichen Ausprägung eines Selbstwertgefühls, das sich aus dem Mutterdasein speist, all denen sei gesagt: Jawoll, der Puppenwagen sieht aus wie ein echter, nur in klein und eben rosa. OSKAR hatte überlegt, eine Dose blauer Farbe beizulegen für den Fall, dass L. eine männliche Puppe gedenkt hineinzulegen und damit dem Pupperich eine Identitätsfindung als Mann zu erleichtern. Er hat es gelassen. Dies muss als OSKARs vorweihnachtlicher Beitrag zur Geschlechterziehung reichen. Wunsch ist Wunsch!
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Dienstag, 15. Dezember 2009
Tiefes Bedauern
oskar-kasimir, 16:43h
OSKAR bedauert es zutiefst, dass er nichts verlautbaren lassen darf, was er dienstlich so treibt. Es gäbe grandiose Geschichten und Geschichtchen vom Leben und Leiden innerhalb eines Mikrokosmos', der zum Wundern und Staunen, Lachen und ..., nein, eigentlich insgesamt nur zum Lachen, anregt. Das dann aber in unterschiedlichen Formen!
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Montag, 7. Dezember 2009
Die Tochter des französischen Gesandten
oskar-kasimir, 01:22h
Dieser Tage hat OSKAR auf dem Flohmarkt ein paar gut erhaltene Bücher gekauft. Eines davon wurde von Thomas Einfeldt geschrieben. Er ist Hamburger, Zahnarzt, Hobbyschriftsteller. Wobei sich niemand in die Irre führen lassen sollte. Wo dem Wort 'Hobby' oft etwas amateur-, um nicht zu sagen, stümperhaftes innewohnt, schreibt Einfeldt packend, mitreißend, gut recherchiert und mit Lust am Detail.
Die Tochter des französischen Gesandten. Ein Roman aus der Zeit Napoleons, erschien 2004 bei Pieper und spielt im frühen 19. Jahrhundert in Hamburg, zur Zeit der napoleonischen Besatzung.
Es sind zwei – naturgemäß sehr unterschiedliche – Sichtweisen auf das besetzte Hamburg, die hier erzählt werden. Auf der einen Seite diejenige des Clemens Maiboom. Spross einer eingesessenen Kaufmannsfamilie, erfährt er die Widrigkeiten und Folgen der Besatzung für die Stadt Hamburg und ihrer stolzen Einwohner sowie die Folgen der Kontinentalsperre und der restriktiven Handelsvorschriften der Franzosen und die damit verbundenen Hürden für seine Familie und die anderen Händler, die ihren Geschäften nurmehr unter großen Schwierigkeiten nachzugehen vermögen. Clemens, anfangs noch sehr im Schatten seines Vaters und seines Bruders stehend, gelingt es durch List und Klugheit, mit Wagemut und Glück dennoch, Waren zu schmuggeln und zu verhandeln. Auf diese Weise vermag er substantiell zum Fortbestehen des Handelshauses beizutragen und aus dem Schatten seines Vaters zu treten.
Neben seinen Geschäften wendet sich Clemens als aufrechter Bürger gegen die Besatzung dieser ehedem freien und stolzen Stadt. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich in inneren Zirkeln von patriotisch gesinnten Bürgern wiederfindet, um über Maßnahmen gegen die Besatzung zu beraten und eventuell auch aufzubegehren.
Zugleich gelangt er durch glückliche Umstände und Zufälle in die gehobeneren Kreise der Stadt, lernt hier auch Vertreter der Diplomatie und Repräsentanten der französischen Besatzer kennen. Während einer Gesellschaft trifft er so auch auf die Tochter des Gesandten Gauthier, die eigenwillig und bestrebt, ein eigenständiges Leben zu führen, der Pariser Behütetheit zu entrinnen versuchte, indem sie ihrem Vater nach Hamburg gefolgt war.
Clothilde, ihrerseits aufrechte Französin und von den edlen Motiven eines Napoleon durchdrungen, begegnet dem jungen Maiboom zunächst skeptisch. Schließlich aber finden die beiden jungen Menschen zueinander und lernen sich lieben. Dass diese Liebe keine einfache ist, ergibt sich gleich aus mehreren Umständen. Zuvörderst wurden für Sprösslinge aus gutem Hause die Ehen arrangiert - in Hamburg wie auch, aller Aufklärung zum Trotz, in Paris.
Zugleich wird hier die Geschichte einer Verbindung unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Systeme erzählt, in dem beide Liebenden zugleich aufrichtig das System vertreten, dem sie entstammen.
Mit der Zeit entdecken beide auch das Positive am Standpunkt und System des anderen. Es stürzt beide in existentielle Fragen nach der eigenen Verortung beziehungsweise der Rechtmäßigkeit der Besatzung: Clemens sieht Gutes im administrativen Geschehen der Franzosen, Clothilde erkennt zunehmend die Verlogenheit hinter den hehren Idealen, die nur noch mäßig die Ausbeutung der Stadt Hamburg und ihrer Bürger zu verschleiern vermögen.
Der Autor bettet seine fiktive Handlung gekonnt in einen historischen Zeitrahmen (Herbst 1807 bis Mai 1814), die er mit detailliertem und sauber recherchiertem Wissen um das Funktionieren der Gesellschaft um das beginnende 19. Jahrhundert anreichert. Er zeichnet ein lebendiges Bild der Zeit, webt dabei historisch fundiertes Wissen um Stände, Wirtschaftsgeschehen, Architektur, Gesellschaft und Politik, Selbstverständnis verschiedener Bevölkerungsgruppen zu einem farbenfrohes Mosaik. Der Leser wird Teil dessen und fühlt sich als stiller Beobachter, ja, Teilhabender des Geschehens - etwa, wenn der Zahnarzt (mithin ein Standeskollege des Autors) seinen Patienten mit - damals - moderner Technik behandelt.
Lediglich an wenigen Stellen langweilt diese Detailfülle; so kann der dem Segeln nicht Kundige schnell genervt sein, wenn der Autor mit Fachtermini der Segelei und Schifffahrt über zwei Seiten die Dramatik eines Gewitters für die Besatzung eines Seglers schildert. Abgesehen von solch kleinen, aber leicht zu überblätternden Passagen, bietet dieser Roman größtes Lesevergnügen und sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen. Und das nicht nur, weil am Ende sich Hamburg wieder als freie Stadt dem Handel zuwenden kann und schließlich auch die beiden Liebenden einander glücklich in die Arme schließen dürfen!
Die Tochter des französischen Gesandten. Ein Roman aus der Zeit Napoleons, erschien 2004 bei Pieper und spielt im frühen 19. Jahrhundert in Hamburg, zur Zeit der napoleonischen Besatzung.
Es sind zwei – naturgemäß sehr unterschiedliche – Sichtweisen auf das besetzte Hamburg, die hier erzählt werden. Auf der einen Seite diejenige des Clemens Maiboom. Spross einer eingesessenen Kaufmannsfamilie, erfährt er die Widrigkeiten und Folgen der Besatzung für die Stadt Hamburg und ihrer stolzen Einwohner sowie die Folgen der Kontinentalsperre und der restriktiven Handelsvorschriften der Franzosen und die damit verbundenen Hürden für seine Familie und die anderen Händler, die ihren Geschäften nurmehr unter großen Schwierigkeiten nachzugehen vermögen. Clemens, anfangs noch sehr im Schatten seines Vaters und seines Bruders stehend, gelingt es durch List und Klugheit, mit Wagemut und Glück dennoch, Waren zu schmuggeln und zu verhandeln. Auf diese Weise vermag er substantiell zum Fortbestehen des Handelshauses beizutragen und aus dem Schatten seines Vaters zu treten.
Neben seinen Geschäften wendet sich Clemens als aufrechter Bürger gegen die Besatzung dieser ehedem freien und stolzen Stadt. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich in inneren Zirkeln von patriotisch gesinnten Bürgern wiederfindet, um über Maßnahmen gegen die Besatzung zu beraten und eventuell auch aufzubegehren.
Zugleich gelangt er durch glückliche Umstände und Zufälle in die gehobeneren Kreise der Stadt, lernt hier auch Vertreter der Diplomatie und Repräsentanten der französischen Besatzer kennen. Während einer Gesellschaft trifft er so auch auf die Tochter des Gesandten Gauthier, die eigenwillig und bestrebt, ein eigenständiges Leben zu führen, der Pariser Behütetheit zu entrinnen versuchte, indem sie ihrem Vater nach Hamburg gefolgt war.
Clothilde, ihrerseits aufrechte Französin und von den edlen Motiven eines Napoleon durchdrungen, begegnet dem jungen Maiboom zunächst skeptisch. Schließlich aber finden die beiden jungen Menschen zueinander und lernen sich lieben. Dass diese Liebe keine einfache ist, ergibt sich gleich aus mehreren Umständen. Zuvörderst wurden für Sprösslinge aus gutem Hause die Ehen arrangiert - in Hamburg wie auch, aller Aufklärung zum Trotz, in Paris.
Zugleich wird hier die Geschichte einer Verbindung unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Systeme erzählt, in dem beide Liebenden zugleich aufrichtig das System vertreten, dem sie entstammen.
Mit der Zeit entdecken beide auch das Positive am Standpunkt und System des anderen. Es stürzt beide in existentielle Fragen nach der eigenen Verortung beziehungsweise der Rechtmäßigkeit der Besatzung: Clemens sieht Gutes im administrativen Geschehen der Franzosen, Clothilde erkennt zunehmend die Verlogenheit hinter den hehren Idealen, die nur noch mäßig die Ausbeutung der Stadt Hamburg und ihrer Bürger zu verschleiern vermögen.
Der Autor bettet seine fiktive Handlung gekonnt in einen historischen Zeitrahmen (Herbst 1807 bis Mai 1814), die er mit detailliertem und sauber recherchiertem Wissen um das Funktionieren der Gesellschaft um das beginnende 19. Jahrhundert anreichert. Er zeichnet ein lebendiges Bild der Zeit, webt dabei historisch fundiertes Wissen um Stände, Wirtschaftsgeschehen, Architektur, Gesellschaft und Politik, Selbstverständnis verschiedener Bevölkerungsgruppen zu einem farbenfrohes Mosaik. Der Leser wird Teil dessen und fühlt sich als stiller Beobachter, ja, Teilhabender des Geschehens - etwa, wenn der Zahnarzt (mithin ein Standeskollege des Autors) seinen Patienten mit - damals - moderner Technik behandelt.
Lediglich an wenigen Stellen langweilt diese Detailfülle; so kann der dem Segeln nicht Kundige schnell genervt sein, wenn der Autor mit Fachtermini der Segelei und Schifffahrt über zwei Seiten die Dramatik eines Gewitters für die Besatzung eines Seglers schildert. Abgesehen von solch kleinen, aber leicht zu überblätternden Passagen, bietet dieser Roman größtes Lesevergnügen und sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen. Und das nicht nur, weil am Ende sich Hamburg wieder als freie Stadt dem Handel zuwenden kann und schließlich auch die beiden Liebenden einander glücklich in die Arme schließen dürfen!
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