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Samstag, 30. November 2013
Dunkle Seite des Tadellosen
oskar-kasimir, 14:52h
Hin und und wieder verlässt OSKAR seine Stadt am großen Fluss und fährt in eine große Stadt mit Fluss, um abgeschieden und aller aufwühlenden und ablenkungversprechender Alltäglichkeit entrückt, in einem modernen Tempel des Wissens sich ganz der Wissenschaft zu widmen. Das gelingt gut, er fühlt sich dort ebenso geborgen wie tatsächlich im Geiste frei, um Gedanken zu durchdenken. Ein wunderbarer Ort, einer der ihm ganz besonderen Orte. Und dennoch kehrt er in OSKAR, dem sonst so Tadellosen, dessen dunklen Seiten hervor!
Bei aller Begeisterung OSKARs für diesen Ort kontrastiert dieser mit dem dieser Stadt eigenen Geist der Rotzigkeit. Die einen sprechen von einem eigenen "Charme", OSKAR empfindet die Vorstellung eher unangenehm, dass Deutschlandtouristen also ein Bild dieses Landes mitnehmen, das entweder (oder gar in Kombi) aus literweise biersaufenden, Zuckerbäckerstil-Schlösser bauenden Lederhosenträgern oder aus in Stil und Ausdruck an Rotzigkeit kaum zu überbietenden - und im Übrigen auch Schlösserwiederaufbauenden - Hauptstädtern besteht.* Mais bon.
An jedenfalls diesem Ort der Bücher nun fällt OSKAR zweierlei auf: obschon gerade erst neu eröffnet und dem Bau entsprechende moderne, nicht misszuverstehende Elemente der Benutzer_innen-Führung (was ist wo, was ist erlaubt und was nicht?) beigegeben wurden, sind in bester Behördenmanier, welche in der Tradition aus mit Linoleumauslegware versehenen Büros, deren Fenster mit grobgewirkten grün oder gelb-orangefarbenen Fenstervorhängen und einer etwas verloren wirkenden Topfpflanze auf Schreibtisch oder Fensterbank steht, überall laminierte Verbotsschilder barschen Tonfalls aufgeklebt: "Kein Durchgang!", "Durchgang nur für Personal!", "Tür aus Sicherheitsgründen schließen", "Es sind nur Bleistifte zu verwenden", ...
Direkt fühlt sich der Besucher, OSKAR zumindest, als potentielle Gefährdung, gar als mögliclher Terrorist, der diesen von Behördengeist durchwaberten oder gar von ihm kontrollierten Ort als solchen stören, infrage oder sonstwie beeinträchtigen könnte.
Offenbar wird dies, wenn, wie jüngst geschehen, OSKAR sich nicht in jedem Detail regelkonform verhält. So ist's ihm passiert, bei der Buchrückgabe einen dieser farbigen, minikleinen, sich rückstandsfrei wieder abzulösen lassenden Klebestreifen, welche zu Markierungen von Stellen in einem Buch produziert und verwendet werden, in eben einem Buch (Jahrgang 2008) zu belassen. Einen! In pink lugte er zwischen den Buchseiten hervor.
In einer so nicht zu erwartenden Heftigkeit sah er sich blitzschnell einer rüde vorgetragenen Rüge ausgesetzt. Den hiesigen Humor nicht richtig einschätzend, verkniff er sich die Frage, wie häufig solcherlei Vergehen geduldet würden, bis er - in Erinnerung an vergleichbare Strafarbeiten in der Schule, wo er übrigens NIE einen Eintrag ins Klassenbuch wegen tadeligen Verhaltens erhielt! - zehnmal und handschriftlich die Benutzerordnung würde abschreiben müssen. Die behördliche Gewalt in femininer Rotzigkeit der Großstadt indes fühlte sich in ihrer gesamten Autorität von diesem wenige Quadratzentimenter großen Stück Pink indes offenbar so herausgefordert, dass OSKAR den Tadel kassierte. Und schwieg. Und den Klebestreifen nach dann doch kurzer Diskussion entfernte: "Wo kämen wir denn dahin, wenn das alle machen?" "Das sind nunmal die Regeln!" "Ich muss mich auch an die Vorschriften halten!" - Noch Fragen?
Dann eine neue Auffälligkeit: Von der Seite sich anpirschend einer der offenbar angestellten Oberaufseher. OSKAR hatte ihn schon mehrfach auf der zweiten Gallerie stehen und von dort prüfend die emsig leise Arbeitenden beobachten und ihn später durch die Reihen der lesend Tippenden gehen sehen, um auf nicht benuterordnungskonformes Verhalten aufmerksam zu machen. Gestern auf einmal stand er: neben ihm selbst.
Stumm schob er ihm einen der - allerdings nicht laminierten - Zettel zu. In mindestens Schriftgröße 20pt stand dort zu lesen, was wohl oder nicht mit in den Lesesaal genommen werden dürfe. Unter anderem: "Leuchtstifte, die geeignet sind, Texte zu markieren". OSKAR war erkannt, ertappt, entlarvt als Bösewicht: neben ihm lag ein handelsüblicher "Leuchtstift, geeignet" - und zuvor von ihm tatsächlich auch dafür verwendet - "Texte zu markieren". Nicht pink. Aber gelb.
Entschuldigung. Blöd natürlich. Wer bescheißt, sollte sich nicht erwischen lassen. Normalerweise steckt OSKAR den Stift immer sofort wieder in Hosentasche, Schuh oder verschluckt ihn nach Gebrauch. Nur dieses eine Mal... Anyway. - Der Oberaufseher zog von dannen. Zuvor aber mahnte er, und OSKAR hörte sehr wohl die Drohung, die damit einherging: "Ich werde Sie beobachten." - Nun, Vergleiche verbieten sich. Aber wo haben eigentlich all' die Beobachter, die in der DDR tätig waren, ihre, wie es im FDP-Deutsch heißt, "Anschlussverwendung" gefunden?
Sollte OSKAR sich eines dritten Vergehens schuldig machen, davon ist er absolut überzeugt, wird er weggesperrt. Ohne Frage wird es in diesem riesigen Gebäude irgendwelcheGeheimgefängnisse, Zellen der Reflektion, geben, in denen er zur Läuterung finden wird.
* Der Korrektheit halber sei ergänzt, dass der Rotzigkeit in diversen Stadtvierteln noch die bräsige Blasiertheit zugewanderter chicer McBook-Individualisten, die weder lächeln oder gar eine Tür aufhalten wollen zur Seite steht.
Bei aller Begeisterung OSKARs für diesen Ort kontrastiert dieser mit dem dieser Stadt eigenen Geist der Rotzigkeit. Die einen sprechen von einem eigenen "Charme", OSKAR empfindet die Vorstellung eher unangenehm, dass Deutschlandtouristen also ein Bild dieses Landes mitnehmen, das entweder (oder gar in Kombi) aus literweise biersaufenden, Zuckerbäckerstil-Schlösser bauenden Lederhosenträgern oder aus in Stil und Ausdruck an Rotzigkeit kaum zu überbietenden - und im Übrigen auch Schlösserwiederaufbauenden - Hauptstädtern besteht.* Mais bon.
An jedenfalls diesem Ort der Bücher nun fällt OSKAR zweierlei auf: obschon gerade erst neu eröffnet und dem Bau entsprechende moderne, nicht misszuverstehende Elemente der Benutzer_innen-Führung (was ist wo, was ist erlaubt und was nicht?) beigegeben wurden, sind in bester Behördenmanier, welche in der Tradition aus mit Linoleumauslegware versehenen Büros, deren Fenster mit grobgewirkten grün oder gelb-orangefarbenen Fenstervorhängen und einer etwas verloren wirkenden Topfpflanze auf Schreibtisch oder Fensterbank steht, überall laminierte Verbotsschilder barschen Tonfalls aufgeklebt: "Kein Durchgang!", "Durchgang nur für Personal!", "Tür aus Sicherheitsgründen schließen", "Es sind nur Bleistifte zu verwenden", ...
Direkt fühlt sich der Besucher, OSKAR zumindest, als potentielle Gefährdung, gar als mögliclher Terrorist, der diesen von Behördengeist durchwaberten oder gar von ihm kontrollierten Ort als solchen stören, infrage oder sonstwie beeinträchtigen könnte.
Offenbar wird dies, wenn, wie jüngst geschehen, OSKAR sich nicht in jedem Detail regelkonform verhält. So ist's ihm passiert, bei der Buchrückgabe einen dieser farbigen, minikleinen, sich rückstandsfrei wieder abzulösen lassenden Klebestreifen, welche zu Markierungen von Stellen in einem Buch produziert und verwendet werden, in eben einem Buch (Jahrgang 2008) zu belassen. Einen! In pink lugte er zwischen den Buchseiten hervor.
In einer so nicht zu erwartenden Heftigkeit sah er sich blitzschnell einer rüde vorgetragenen Rüge ausgesetzt. Den hiesigen Humor nicht richtig einschätzend, verkniff er sich die Frage, wie häufig solcherlei Vergehen geduldet würden, bis er - in Erinnerung an vergleichbare Strafarbeiten in der Schule, wo er übrigens NIE einen Eintrag ins Klassenbuch wegen tadeligen Verhaltens erhielt! - zehnmal und handschriftlich die Benutzerordnung würde abschreiben müssen. Die behördliche Gewalt in femininer Rotzigkeit der Großstadt indes fühlte sich in ihrer gesamten Autorität von diesem wenige Quadratzentimenter großen Stück Pink indes offenbar so herausgefordert, dass OSKAR den Tadel kassierte. Und schwieg. Und den Klebestreifen nach dann doch kurzer Diskussion entfernte: "Wo kämen wir denn dahin, wenn das alle machen?" "Das sind nunmal die Regeln!" "Ich muss mich auch an die Vorschriften halten!" - Noch Fragen?
Dann eine neue Auffälligkeit: Von der Seite sich anpirschend einer der offenbar angestellten Oberaufseher. OSKAR hatte ihn schon mehrfach auf der zweiten Gallerie stehen und von dort prüfend die emsig leise Arbeitenden beobachten und ihn später durch die Reihen der lesend Tippenden gehen sehen, um auf nicht benuterordnungskonformes Verhalten aufmerksam zu machen. Gestern auf einmal stand er: neben ihm selbst.
Stumm schob er ihm einen der - allerdings nicht laminierten - Zettel zu. In mindestens Schriftgröße 20pt stand dort zu lesen, was wohl oder nicht mit in den Lesesaal genommen werden dürfe. Unter anderem: "Leuchtstifte, die geeignet sind, Texte zu markieren". OSKAR war erkannt, ertappt, entlarvt als Bösewicht: neben ihm lag ein handelsüblicher "Leuchtstift, geeignet" - und zuvor von ihm tatsächlich auch dafür verwendet - "Texte zu markieren". Nicht pink. Aber gelb.
Entschuldigung. Blöd natürlich. Wer bescheißt, sollte sich nicht erwischen lassen. Normalerweise steckt OSKAR den Stift immer sofort wieder in Hosentasche, Schuh oder verschluckt ihn nach Gebrauch. Nur dieses eine Mal... Anyway. - Der Oberaufseher zog von dannen. Zuvor aber mahnte er, und OSKAR hörte sehr wohl die Drohung, die damit einherging: "Ich werde Sie beobachten." - Nun, Vergleiche verbieten sich. Aber wo haben eigentlich all' die Beobachter, die in der DDR tätig waren, ihre, wie es im FDP-Deutsch heißt, "Anschlussverwendung" gefunden?
Sollte OSKAR sich eines dritten Vergehens schuldig machen, davon ist er absolut überzeugt, wird er weggesperrt. Ohne Frage wird es in diesem riesigen Gebäude irgendwelche
* Der Korrektheit halber sei ergänzt, dass der Rotzigkeit in diversen Stadtvierteln noch die bräsige Blasiertheit zugewanderter chicer McBook-Individualisten, die weder lächeln oder gar eine Tür aufhalten wollen zur Seite steht.
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