Dienstag, 26. August 2008
Der Uhrmacher
Völlig unscheinbar, eingeklemmt zwischen protzigen Häusern mit aufwändig gestalteten Ladenlokalfassaden, ein schmales Schaufenster. Über selbigem und der winzigen Eingangstüre ein schlichtes Schild, auf dem die zentrale Information zu finden ist: "Der Uhrmacher". OSKAR ist in vielerlei Hinsicht wertkonservativ. (Wobei er sich zuweilen fragt, ob nicht genau das progressiv ist. Das aber ist eine andere Frage und mag andernorts erörtert werden.) Er mag es, wenn man beim Bäcker weiß, welches Brot er für gewöhnlich kauft, ihn die Bäckereifachverkäuferin, die in den allermeisten Fällen eine 400-Euro-Studentin ist, anspricht, wenn er längere Zeit nicht da war. Er fühlt sich zu Hause, wenn die Frau in der Heißmangel, deren Blick über die Straße geht, während eifrige Hände Tischtücher glattwalzen, ihm freundlich zulächelt.
Wie hüpfte da sein Herz, als er kürzlich mit seiner ererbten Küchenuhr, Baujahr irgendwann kurz nach irgendeinem Krieg, zu eben jenem Geschäft ging, sich durch die winzige Tür zwängte (was machen Übergewichtige, die diesen Laden betreten wollen?) und sich mit einem (Glocken)Schlage in einer Welt wiederfand, in der die Zeit trotz zahlloser Zahnräder, tickender und pendelnder Uhren stehen geblieben schien. Hinter einem alten Tresen ein Mann, der ihn mit waren Augen und einem norddeutsch sachlichen 'Moin' begrüßte. OSKAR machte klar, dass der Uhr der Schlüssel fehlte, sie mithin nicht mehr aufgezogen werden könne. "Hm. Mhmh." Ohne viel weiteres Gerede maß der Uhrmacher(meister?) das Schlüsseloch aus, tippte etwas und kritzelte etwas. "Acht Euro. Montag in einer Woche. Aber nicht vor Fünf." - Zwei Tage vor diesem heutigen Montag fand OSKAR zufällig und an einem Ort, von dem er sich so überhaupt gar nicht erklären kann, wie er dort hineingeraten sein könnte, den Originalschlüssel wieder. Trotzdem und auch, weil der neue Schlüssel schon bezahlt war, machte er sich auf den Weg zum Uhrmacher. Nur nebenbei, den Ersatzschlüssel schon in der Hand, erwähnte OSKAR, dass er witzigerweise den anderen Schlüssel wiedergefunden habe. "Was brauchen Se da noch den neuen, dann?" - "Na, den hatte ich ja schließlich bestellt." - "Was Se nich brauchen, müssen Se auch nicht ham. Oder wolln Se en Ersatz mitnehm? Den verliern Se aber noch schneller. Kenn ich. Hier ... War doch der für acht Euro, oder?" OSKAR war verblüfft - der Mann hat ihm tatsächlich das Geld wiedergegeben, ihm einen schönen Tag gewünscht. Über die Tafel Schoki als Geste hat er sich dann aber doch gefreut. Es sind dies die kleinen Dinge, die das Leben schön machen. OSKAR wird jetzt immer in den Laden grüßen. - Kaufhaus-Uhrenservice...??? Never again!

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