Freitag, 23. März 2012
Das Glück in glücksfernen Zeiten
Wilhelm Genazino hat bei dtv im Jahr 2011 einen Roman veröffentlicht mit dem Titel Das Glück in glücksfernen Zeiten. Ein Buch, in dem der Ich-Erzähler - Gerhard Warlich - aus seinem Leben als promovierter Philosoph, der in Ermangelung akademischer Karriereaussichten aus einem Gelegenheitsjob eine Vollbeschäftigung machte und inzwischen in einer Wäscherei als Geschäftsführer den Laden schmeißt, Einblick in sein Leben gewährt. Den Lesern öffnet er sich in seinen Tätigkeiten und Gedanken. Sie werden gewissermaßen zu Hospitanten seines Lebens. Dieses erscheint zunächst wenig ereignisreich - es sind vor allem die von ihm selbst im inneren Dialog formulierten Gedankengänge, die das aufregendste an Warlichs Leben zu sein scheinen. - Zwei Ereignisse aber, nachgerade alltäglicher Natur und als solche nicht unbedingt prädestiniert, jemanden "umzuhauen", sollen ihn sein Leben, seinen Lebensweg, seine Zukunft überdenken lassen. Ausgang offen. Irgendwann blendet das Buch ebenso überraschend, wie es auf diesen Einen unter vielen Menschen fokussierte, auch wieder aus. Der Vorhang schließt sich wieder.

Genazino nimmt seine Leser auf leise Weise mit in das Leben seines Romanhelden, lässt ihn diesen in all seiner Unsicherheit kennenlernen. Er wählt dabei eine fantastische Sprache, welche die Situation von Warlich sprachlich aufgreift, seine Person abzurunden scheint.

Ein großartiges Buch, das ohne Effekthascherei die Frage nach Lebenssinn stellt - und aufzeigt, dass diese Frage nur wenn, dann nur individuell von und für jedem/jeden Einzelnen beantwortet, möglicherweise aber überhaupt nur als lebenslange Suche verstanden werden kann.

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