Donnerstag, 25. Februar 2010
Verantwortung, Scheitern - Bischöfin und Bischofskonferenz
oskar-kasimir, 00:00h
Die EKD-Ratsvorsitzende, Bischöfin Käßmann, ist heute zurückgetreten. OSKAR erfuhr davon von einem Freund. Ohne noch einen Blick in allerlei Kommentare, Statements und Artikel geworfen zu haben, dachte er darüber nach. Einerseits bedauert er diesen Schritt, denn niemand ist unfehlbar oder frei von Makel. Dass sie einen Fehler gemacht hat, indem sie sich alkoholisiert ans Steuer gesetzt hat, wird ihr vermutlich schon bewusst gewesen sein, als die Polizei sie stoppte. Das war allerdings doch Frau Käßmann, nicht die Ratsvorsitzende?
Andererseits regt sich OSKAR über all jene in Amt und Würden auf, die sich 'rausreden, die vertuschen oder aussitzen, die nicht zu ihren Fehlern stehen und keine Verantwortung tragen, wenn's schwierig wird und damit indirekt auch das Ansehen des Amtes schädigen, welches sie innehaben. Seien es nun Bankmanager, Wirtschaftsbosse, Abgeordnete in Parlamenten. Oder Außenminister. Oder römisch-katholische Bischöfe. – Insofern bleibt sich die Bischöfin Käßmann und der Mensch, der dieses Bischofs- und Ratsvorsitzendenamt bis heute bekleidete, treu. Geradlinig, direkt, unverschnörkelt, vielleicht sogar unbequem. Sie stand zu ihrem Frausein, ihrem Menschsein, ihrem Scheitern und führt dies nun, in ihrer Rücktrittsentscheidung, konsequent fort. Dafür gebührt ihr Respekt und Lob, wie es Landesbischof Johannes Friedrich formuliert: „Ihr Rücktritt ist ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus. Gerade mit dieser Haltung, sich ohne Umschweife offen zu ihrem Scheitern zu bekennen, ist sie vielen Menschen seit Jahren eine glaubwürdige Zeugin für ein Leben aus der Vergebung des Glaubens.“ Für OSKAR zeugt diese ihre Haltung von hoher Integrität und moralischem Feingefühl – und Verantwortung vor den Ämtern, die sie bekleidete: „Einer meiner Ratgeber hat mir gestern ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: 'Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät' (37,17). Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben. [...]“
Es ist sicher problematisch, die Dinge zu vermischen. Dennoch ist es für OSKAR kein großer Unterschied und die Messlatte ohne Frage dieselbe: Wenn die Privatperson Käßmann einen Fehltritt im Privatleben macht, in der Konsequenz aber aus Verantwortung vor dem Amt von selbigem zurücktritt, weil sie und andere meinen, dass in einer solchen Funktion die Privat- und die Amtsperson verschmelzen, dann stellt sich OSKAR die Frage, wie ein Bundesaußenminister und damit Mitglied der Bundesregierung in anderer Funktion, nämlich als Parteivorsitzender, verbal brandschatzt und dann meint, dass sich dies klar trennen ließe.* Verantwortung liest sich für OSKAR anders.
Aber die geistig-moralische Verfasstheit des Bundesaußenministers will OSKAR nicht weiter kommentieren. Hingegen fragt er sich sehr wohl, wie es sein kann, dass mit dem Fehltritt von einem einzelnen Menschen, Frau Käßmann, ein nachgerade hysterisches Medienecho hervorgerufen wird. Er findet sich daher teilweise auch in einem Kommentar Alice Schwarzers wieder, wenn sie schreibt: „Ein Mann in der Lage wäre nicht zurückgetreten! Man hätte die Geschichte vermutlich auch gar nicht als so skandalös empfunden. Mit Männern in der Kirche sind wir schließlich ganz andere Probleme gewöhnt. Nicht nur Kavaliersdelikte, sondern auch Verbrechen werden da nicht selten vertuscht - wie jetzt wieder im Fall des Missbrauchs durch die Jesuiten. [...]“
Während sich allerlei mehr oder weniger qualifizierte A-, B- und C-Promis mehr oder weniger zur „Alkoholfahrt“ äußern, begegnet die Republik seit Wochen dem vielfachen Fehlverhalten einer per Definition der Nächstenliebe, Züchtigkeit und Aufrichtigkeit verschriebenen Institution zwar kopfschüttelnd, aber doch relativ gleichgültig. Möglicherweise, weil die Dimensionen zwar ungleich größer sind – sowohl die Verfehlungen einzelner Priester, Ordensleute und Mitarbeiter der römisch-katholischen Kirche als auch das bischöfliche Versagen und Vertuschen, das Rausreden der Institution als solcher – als ein Blick zu tief ins Glas mit sich anschließender Autofahrt, man es aber letztlich resigniert als Bestandteil dieser Institution hinnimmt, weil es schlicht nicht verwundert? Dies wäre ein Armutszeugnis sondergleichen, das a) eine geistig-moralische Wende dringend erforderlich macht, dem ein klares Bekenntnis zu Schuld und Verantwortung vorausgehen muss und das b) zu weiterreichenden Fragen nach Konsequenzen und Veränderungen in der Kirchenstruktur bei Verantwortlichen UND römisch-katholischen Laien führen muss. Letztlich sind sie es, welche dieser Institution das Leben verleihen, das diese führt!
Wenn in der jetzigen Debatte Bischöfe wie Mixa ablenken oder Schuldige für das Versagen seines Ladens andernorts ausmachen, ist das peinlich und beschämend – sowohl für die Täter/Opfer auf Seiten der römisch-katholischen Kirche (die Priester etc.), vor allem aber ein Schlag ins Gesicht für missbrauchte Kinder und Jugendliche! Wenn dann auch noch der Vorsitzende der Bischofskonferenz zwar warme Worte findet zu den – aufgrund ihrer Fülle – nun nicht mehr zu leugnenden Vorwürfen, aber zugleich Bedingungen stellt an Kritiker wie die Bundesjustizministerin, die zweifelsohne zwar heftige, aber nach OSKARs Geschmack absolut vertretbare Kritik am Gebaren der Bischöfe äußerte, dann fragt sich OSKAR doch, ob sich nicht Sponsoren auftreiben lassen, welche diesem ‚Club der alten Männer‘ einen Kurs in ‚Schärfung des Realitätsbewusstseins für tatsächliche gesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse‘ ermöglichen. Nächstens droht einer der Bischöfe noch, die Bundesjustizministerin auf dem Scheiterhaufen…
Nur die wenigsten, auch OSKAR nicht, erwarten von der Deutschen Bischofskonferenz, dass sie geschlossen zurücktritt. Erwartet werden darf aber, dass sie es ihrer protestantischen Schwester gleichtun und, wenn schon nicht für ihr persönliches Fehlverhalten als Menschen, so doch als Repräsentanten der römisch-katholischen Kirche in Deutschland Verantwortung übernehmen – und dies klar aussprechen. Ohne Hintertürchen, Ausflüchte oder billige Ausreden.
In Bezug auf seine Kollegin Käßmann äußerte Präses Buß, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die Worte, die OSKAR als Ausdruck wahrer Verantwortlichkeit empfindet: „Als evangelische Christen wissen wir, dass es keine menschliche Unfehlbarkeit gibt. Wir bleiben alle auf Gottes Vergebung angewiesen. Diese Gewissheit macht uns frei, unsere Schwächen nicht zu leugnen, sondern ihre Folgen zu tragen. Und dann neu anzufangen.“
*Im Übrigen wird die „Bundeswelle“ in Erinnerung gehabt haben, dass sein Vorgänger im Amt als Privatmann eine Rede zum Ziel der Europäischen Union gehalten hat, die in ganz Europa und darüber hinaus für Wirbel sorgte.
Andererseits regt sich OSKAR über all jene in Amt und Würden auf, die sich 'rausreden, die vertuschen oder aussitzen, die nicht zu ihren Fehlern stehen und keine Verantwortung tragen, wenn's schwierig wird und damit indirekt auch das Ansehen des Amtes schädigen, welches sie innehaben. Seien es nun Bankmanager, Wirtschaftsbosse, Abgeordnete in Parlamenten. Oder Außenminister. Oder römisch-katholische Bischöfe. – Insofern bleibt sich die Bischöfin Käßmann und der Mensch, der dieses Bischofs- und Ratsvorsitzendenamt bis heute bekleidete, treu. Geradlinig, direkt, unverschnörkelt, vielleicht sogar unbequem. Sie stand zu ihrem Frausein, ihrem Menschsein, ihrem Scheitern und führt dies nun, in ihrer Rücktrittsentscheidung, konsequent fort. Dafür gebührt ihr Respekt und Lob, wie es Landesbischof Johannes Friedrich formuliert: „Ihr Rücktritt ist ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus. Gerade mit dieser Haltung, sich ohne Umschweife offen zu ihrem Scheitern zu bekennen, ist sie vielen Menschen seit Jahren eine glaubwürdige Zeugin für ein Leben aus der Vergebung des Glaubens.“ Für OSKAR zeugt diese ihre Haltung von hoher Integrität und moralischem Feingefühl – und Verantwortung vor den Ämtern, die sie bekleidete: „Einer meiner Ratgeber hat mir gestern ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: 'Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät' (37,17). Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben. [...]“
Es ist sicher problematisch, die Dinge zu vermischen. Dennoch ist es für OSKAR kein großer Unterschied und die Messlatte ohne Frage dieselbe: Wenn die Privatperson Käßmann einen Fehltritt im Privatleben macht, in der Konsequenz aber aus Verantwortung vor dem Amt von selbigem zurücktritt, weil sie und andere meinen, dass in einer solchen Funktion die Privat- und die Amtsperson verschmelzen, dann stellt sich OSKAR die Frage, wie ein Bundesaußenminister und damit Mitglied der Bundesregierung in anderer Funktion, nämlich als Parteivorsitzender, verbal brandschatzt und dann meint, dass sich dies klar trennen ließe.* Verantwortung liest sich für OSKAR anders.
Aber die geistig-moralische Verfasstheit des Bundesaußenministers will OSKAR nicht weiter kommentieren. Hingegen fragt er sich sehr wohl, wie es sein kann, dass mit dem Fehltritt von einem einzelnen Menschen, Frau Käßmann, ein nachgerade hysterisches Medienecho hervorgerufen wird. Er findet sich daher teilweise auch in einem Kommentar Alice Schwarzers wieder, wenn sie schreibt: „Ein Mann in der Lage wäre nicht zurückgetreten! Man hätte die Geschichte vermutlich auch gar nicht als so skandalös empfunden. Mit Männern in der Kirche sind wir schließlich ganz andere Probleme gewöhnt. Nicht nur Kavaliersdelikte, sondern auch Verbrechen werden da nicht selten vertuscht - wie jetzt wieder im Fall des Missbrauchs durch die Jesuiten. [...]“
Während sich allerlei mehr oder weniger qualifizierte A-, B- und C-Promis mehr oder weniger zur „Alkoholfahrt“ äußern, begegnet die Republik seit Wochen dem vielfachen Fehlverhalten einer per Definition der Nächstenliebe, Züchtigkeit und Aufrichtigkeit verschriebenen Institution zwar kopfschüttelnd, aber doch relativ gleichgültig. Möglicherweise, weil die Dimensionen zwar ungleich größer sind – sowohl die Verfehlungen einzelner Priester, Ordensleute und Mitarbeiter der römisch-katholischen Kirche als auch das bischöfliche Versagen und Vertuschen, das Rausreden der Institution als solcher – als ein Blick zu tief ins Glas mit sich anschließender Autofahrt, man es aber letztlich resigniert als Bestandteil dieser Institution hinnimmt, weil es schlicht nicht verwundert? Dies wäre ein Armutszeugnis sondergleichen, das a) eine geistig-moralische Wende dringend erforderlich macht, dem ein klares Bekenntnis zu Schuld und Verantwortung vorausgehen muss und das b) zu weiterreichenden Fragen nach Konsequenzen und Veränderungen in der Kirchenstruktur bei Verantwortlichen UND römisch-katholischen Laien führen muss. Letztlich sind sie es, welche dieser Institution das Leben verleihen, das diese führt!
Wenn in der jetzigen Debatte Bischöfe wie Mixa ablenken oder Schuldige für das Versagen seines Ladens andernorts ausmachen, ist das peinlich und beschämend – sowohl für die Täter/Opfer auf Seiten der römisch-katholischen Kirche (die Priester etc.), vor allem aber ein Schlag ins Gesicht für missbrauchte Kinder und Jugendliche! Wenn dann auch noch der Vorsitzende der Bischofskonferenz zwar warme Worte findet zu den – aufgrund ihrer Fülle – nun nicht mehr zu leugnenden Vorwürfen, aber zugleich Bedingungen stellt an Kritiker wie die Bundesjustizministerin, die zweifelsohne zwar heftige, aber nach OSKARs Geschmack absolut vertretbare Kritik am Gebaren der Bischöfe äußerte, dann fragt sich OSKAR doch, ob sich nicht Sponsoren auftreiben lassen, welche diesem ‚Club der alten Männer‘ einen Kurs in ‚Schärfung des Realitätsbewusstseins für tatsächliche gesellschaftliche (Macht-)Verhältnisse‘ ermöglichen. Nächstens droht einer der Bischöfe noch, die Bundesjustizministerin auf dem Scheiterhaufen…
Nur die wenigsten, auch OSKAR nicht, erwarten von der Deutschen Bischofskonferenz, dass sie geschlossen zurücktritt. Erwartet werden darf aber, dass sie es ihrer protestantischen Schwester gleichtun und, wenn schon nicht für ihr persönliches Fehlverhalten als Menschen, so doch als Repräsentanten der römisch-katholischen Kirche in Deutschland Verantwortung übernehmen – und dies klar aussprechen. Ohne Hintertürchen, Ausflüchte oder billige Ausreden.
In Bezug auf seine Kollegin Käßmann äußerte Präses Buß, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die Worte, die OSKAR als Ausdruck wahrer Verantwortlichkeit empfindet: „Als evangelische Christen wissen wir, dass es keine menschliche Unfehlbarkeit gibt. Wir bleiben alle auf Gottes Vergebung angewiesen. Diese Gewissheit macht uns frei, unsere Schwächen nicht zu leugnen, sondern ihre Folgen zu tragen. Und dann neu anzufangen.“
*Im Übrigen wird die „Bundeswelle“ in Erinnerung gehabt haben, dass sein Vorgänger im Amt als Privatmann eine Rede zum Ziel der Europäischen Union gehalten hat, die in ganz Europa und darüber hinaus für Wirbel sorgte.
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impi,
Donnerstag, 4. März 2010, 10:12
Betrunken Auto zu fahren ist freilich kein Kavalliersdelikt, dafür kommen einfach zuviele Menschen Jahr für Jahr ums Leben, nur weil wieder irgendein Spinner sich kein Taxi leisten wollte.
Dennoch sehe ich zwischen der persönlichen Konsequenz, die Frau Käßmann gezogen hat, mehr noch, der ganzen öffentliche Häme gegen sie und dem Vergehen keine Verhältnismässigkeit. Nicht ihr Job sondern ihr Führerschein gehört ihr genommen, zumindest für ein paar Monate.
Dass sie zurückgetreten ist, zeugt von großer Integrität. Sie beraubt damit aber der Kirche auch einer der wenigen Personen, die öffentlich nicht nur erträglich sind (verglichen mit faschistoiden Spinnern wie den Kardinälen und Bischöfen Mixa/Meißner/Marx), sondern für deren Meinung man sich als Atheist auch ernsthaft interessiert. Eben weil sie streitbar, aufrichtig und fehlbar ist. Für die evangelische Kirche ein herber Verlust. Mir persönlich natürlich wurscht.
Bleibt mir nur, der guten Frau Schwarzer recht zu geben. Nen betrunkener Bischoff wäre vermutlich unspektakulär geblieben.
Dennoch sehe ich zwischen der persönlichen Konsequenz, die Frau Käßmann gezogen hat, mehr noch, der ganzen öffentliche Häme gegen sie und dem Vergehen keine Verhältnismässigkeit. Nicht ihr Job sondern ihr Führerschein gehört ihr genommen, zumindest für ein paar Monate.
Dass sie zurückgetreten ist, zeugt von großer Integrität. Sie beraubt damit aber der Kirche auch einer der wenigen Personen, die öffentlich nicht nur erträglich sind (verglichen mit faschistoiden Spinnern wie den Kardinälen und Bischöfen Mixa/Meißner/Marx), sondern für deren Meinung man sich als Atheist auch ernsthaft interessiert. Eben weil sie streitbar, aufrichtig und fehlbar ist. Für die evangelische Kirche ein herber Verlust. Mir persönlich natürlich wurscht.
Bleibt mir nur, der guten Frau Schwarzer recht zu geben. Nen betrunkener Bischoff wäre vermutlich unspektakulär geblieben.
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