Dienstag, 3. Juni 2008
Krieg ist Mist

"Ein Engländer spielte mit der Mundharmonika eines deutschen Kameraden, andere tanzten, wieder andere hatten einen kolossalen Stolz, auf ihrem Kopf einen deutschen Helm zu tragen. Die Engländer stimmten ein Lied an, wir sangen hierauf 'Stille Nacht, heilige Nacht'. Es war dies etwas Ergreifendes: zwischen den Schützengräben stehen die verhassten und erbittertsten Gegner um den Christbaum und singen Weihnachtslieder. Diesen Anblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Man sieht bald, dass der Mensch weiterlebt, auch wenn er nichts mehr kennt in dieser Zeit als Töten und Morden [...] Weihnachten 1914 wird mir unvergesslich sein."
(Josef Wenzl, R.I.R.16, in einem Brief an seine Eltern am 28.12.1914, stationiert in Flanders Fields)

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Sonntag, 1. Juni 2008
Auf den Hund gekommen
Zur Zeit befindet sich OSKAR in einer Art Vater-Rolle. Das ist nicht unangenehm, hält aber nicht nur Freuden bereit. Die inzwischen zur richtig guten Freundin gewordene Kommilitonin ist abgereist - ihren kleinen Hund J. unter größtmöglichem Abschiedsschmerz bei OSKAR in der Wohnung zurücklassend. Die nächsten knapp vierzehn Tage würden sie (sie ist eine Hündin) und ER gemeinsam durch die Welt - Dick und Dünn - gehen. OSKAR hatte sich das alles ganz hübsch ausgemalt: an der Flusspromenade entlangflanieren oder im Café sitzen. Von so einer Diva würde ganz ohne Zweifel viel Licht auch auf ihren Begleiter strahlen.
Es sollte, teilweise, anders kommen. Die Diva ist krank. Ohrenentzündung, zu dickflüssiges Blut und jede Menge Stress, der aus ihrem Umzug zu/Umgang mit OSKAR rührt. Infolge dessen hatte ihre Chefin eine ganze Batterie an Medikamenten und Tinkturen mitgebracht, die es einer fulminanten verterinärmedizinischen Orgie gleich abends und morgens zu verabreichen gilt. Somit bringt OSKAR nun einen guten Teil der Zeit damit zu, Pillen in Leberwurst zu verstecken, Ohren zu spülen und Futter auf besondere Weise zuzubereiten. Letzteres ist auch noch von einer Futterumstellung geprägt: von stinkendem Pansen auf für Hundegeschmack 'langweiliges' Muskelfleisch. Sie mag es nicht, trägt es von ihrem Napf quer durch die Bude und lässt das Zeug überall liegen. OSKARS Mitbewohnerin ist übrigens Vegetarierin. Nicht nur darum rennt OSKAR also auch permanent mit einem Lappen hinter der Diva her. (Hoffentlich wird er niemals mit einer menschl. Diva Bett, Bad und Küche teilen müssen...) Da sie das Futter nicht verträgt oder hastig schlingt, wird es ab und an nachts gegen 3 Uhr wieder ausgek****. Falls sich jemand NICHT vorstellen können sollte, wie anverdautes Muskelfleisch stinkt, der möge seinem Schöpfer auf Knien für diese - nur vordergründig als Manko erscheinende - Imaginationsunfähigkeit auf Knien danken... Ach ja, zum Flanieren kommen OSKAR und die Diva auch - sogar am Fluss entlang: auf dem fast täglichen Weg zum Tierarzt. - Wenn Kinderhaben auch so ist, dann würden IHN auch die von so vielen Eltern beschworenen "schönen Momente" kaum entschädigen können. Aber süß ist sie doch. Und süß das Wissen, dass ER sie am Donnerstag wieder abgibt...

NACHTRAG nach einer Woche: sie fehlt etwas.

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Dienstag, 20. Mai 2008
immer weiter...
Genf ist für OSKAR vorläufig Geschichte. Mitten im schönsten Frühling hat er seine Zelte dort abgebrochen. Nach langer Zugfahrt ist er bei seinen Altvorderen gewesen - die haben sich gefreut, dass sie ihren Spross trotz dreimonatiger Sehenspause doch wiedererkannt haben. Eine Woche im pulsierenden Leben der eigenen Stadt. Heimat. Niemals zuvor in den zehn Jahren nach seinem Auszug aus der väterlichen Heimstatt hat OSKAR sich derart zu Hause an einem Ort gefühlt wie jetzt an der Weser. Er scheint angekommen. Die Erlebnisse des letzten Jahres verblassen, sind gesackt, werden vom Licht des heraufziehenden Sommers überstrahlt. In Genf hat OSKAR Farbe aufgesogen wie ein alter trockener Schwamm das Wasser eines ihn umgebenen Brunnens. In ihm drängt's: "Los, raus ins Leben!" Ein wunderbares Gefühl; eines, das er vergessen glaubte. Beruhigend und hoffnungsfroh, dass er wieder in ein rauschendes Spiel der Farben, Gefühle und des Lachens wird eintauchen können. Dass eben nur dort Schatten sein kann, wo auch Licht ist. Beruhigend, dass nach einem Jahr die, die ihn zu zerstören drohte, immer weniger Macht über sein Fühlen hat.

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